Einleitung zu den altkirchlichen Bekenntnissen

Nach dem Nizänum glauben und bekennen Christen »… die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche.« Mit dem Attribut »katholisch«, wie es in den folgenden Bekenntnisschriften verwendet wird, ist nicht die kirchliche Organisation gemeint die wir heute unter dem Namen römisch-katholische Kirche kennen. Vielmehr bezeichnet es die wahre Kirche Jesu Christi überall, wo sie sich manifestiert. Der Glaube, dass es nicht viele verschiedene, sondern nur eine wahre Kirche Jesu Christi gibt, ist tief in der Lehre Jesu und der Apostel im Neuen Testament verwurzelt. Diese Kirche lässt sich jedoch nicht durch historische (»apostolische«) Sukzession begründen. Vielmehr ist die Übereinstimmung mit der einen wahren, »katholischen und apostolischen« Lehre des Evangeliums aus der Heiligen Schrift das ausschlaggebende Merkmal der Kirche Jesu Christi.

In diesem Sinne muss jede Gemeinde und Kirche sich immer wieder fragen, ob sie wirklich »katholisch« ist, d. h. ob sie verwurzelt ist in dem, was die christliche Kirche trotz allem Abfall zur Rechten und zur Linken immer schon treu geglaubt und bekannt hat. Dieser »katholische« Glaube meint nicht die Institution der römisch-katholischen Kirche. Nein, es ist der Glaube, der in den heiß umkämpften dogmatischen Einigungen der frühen ökumenischen Konzile der Kirche bleibenden Ausdruck fand. Dort hat die Kirche angesichts der Herausforderungen durch verschiedene Irrlehren (Heterodoxie) gemeinsam verbindlich ausgesprochen und bekannt, was nach der Heiligen Schrift die rechte Lehre (Orthodoxie) ist. Dies geschah nicht im Elfenbeinturm der theologischen Fakultäten, sondern oft genug im Feuer der Verfolgung durch die Feinde des Evangeliums. Nicht selten in der Geschichte der Kirche wurden die folgenden Bekenntnisschriften mit dem Blut der Märtyrer besiegelt.

Die wahre Kirche Jesu Christi – das zeigen uns auch diese geschichtlichen Glaubenszeugnisse – hat stets aus der Schrift erkannt, dass sie aufgefordert ist, ihren Glauben aktiv zu bekennen (z.B. Röm 10,9-10; 2Joh 7). Die Bibel ist Gottes Offenbarung, die beantwortet werden will durch das Bekenntnis der Gemeinde Jesu. Nur wenn wir nicht mehr glauben, dass die Heilige Schrift durch und durch Gottes Wort ist, können wir denken, die Bibel allein könne unser »Bekenntnis« sein. Wo wir jedoch die Bibel im Glauben als Wort Gottes anerkennen, ergibt sich für die Gemeinde Jesu die Pflicht, den Glauben mit eigenen, menschlichen Worten zu formulieren und zu bekennen. Wo die Kirche diesen objektiven Glauben, »der den Heiligen ein für allemal überliefert worden ist« (Jud 3) nicht mehr gemeinsam mit eigenen Worten bekennt, verliert sie ihre organische Verbindung mit der einen wahren Kirche und wird dadurch zur Sekte.

Besonders umkämpfte Lehren in der Frühzeit der Kirche und der dogmatischen Formulierungen (etwa 2.–5. Jahrhundert) waren vor allem die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes (Trinitätslehre), das rechte Verständnis vom Wesen des Sohnes sowie das Verhältnis von seiner menschlichen zu seiner göttlichen Natur (Christologie).

Zusammengenommen ergibt sich aus den vier altkirchlichen oder ökumenischen (von griech. für »weltumspannend«) Bekenntnisschriften ein ausgewogenes Bild der biblischen Lehre von der Dreinigkeit (Trinitätslehre) – also des Wesens und Verhältnisses der drei göttlichen Personen innerhalb der einen Gottheit – sowie der Christologie, also der Lehre von der einen Person Jesus Christus, die uns nach der Lehre der Heiligen Schrift in zwei Naturen begegnet – einer göttlichen und einer menschlichen Natur.

Die altkirchlichen Bekenntnisse ergänzen, überbieten oder ersetzen dabei keineswegs die Heilige Schrift, sondern bringen vielmehr zum Ausdruck, was die Heilige Schrift an und für sich schon lehrt, aber sie tun dies in durchaus pointierter und notwendigerweise polemischer Abgrenzung gegenüber verschiedenen Irrlehren. So sind sie zuverlässige Eckpfeiler des trinitarischen sowie des christologischen Dogmas der Kirche. Als solche sind sie jedoch nicht lediglich theologische Formulierungen, sondern auch Dokumente für den liturgischen Gebrauch, als Hilfsmittel zur rechten Anbetung des dreieinen Gottes im Gottesdienst der Kirche.

Die SERK nimmt wie (fast) alle Kirchen der Reformation diese altkirchlichen Bekenntnisschriften in ihren Bekenntnisstand mit auf. Auch wir bekräftigen sie als das, was die christlichen Kirchen insgesamt als »orthodox«, d. h. rechtgläubig, und »katholisch«, d. h. allgemein christlich betrachten.

Darüber hinaus bekennen wir als reformierte Kirche unseren Glauben anhand von drei reformatorischen Bekenntnissen: dem Heidelberger Katechismus, dem Niederländischen Glaubensbekenntnis, sowie der Dordrechter Lehrregel.

Im Niederländischen Glaubensbekenntnis (Confessio Belgica) von 1561 werden drei der altkirchlichen Bekenntnisschriften explizit genannt. In Artikel 9 (»Von der heiligen Dreieinigkeit«) bekennen wir dort:

Und so nehmen wir gerne diese drei Bekenntnisse – das Apostolische, das Nizänische und das Athanasianische – an und was von den alten Kirchenvätern in Übereinstimmung mit ihnen festgelegt wurde.

Neben diesen dreien nehmen wir auch das Chalcedonense mit in unseren Bekenntnisstand auf, weil wir es für ein Bekenntnis halten, das „von den alten Kirchenvätern in Übereinstimmung mit [den drei genannten Bekenntnisschriften] festgelegt wurde“ und weil es in seiner Theologie der „zwei Naturen Christi“ voll und ganz der Heiligen Schrift und den Aussagen der anderen Bekenntnisse, vornehmlich des Athanasianischen, sowie des Niederländischen Glaubensbekenntnisses entspricht. Darüber hinaus finden sich im Chalcedonense Aussagen, die im Athanasianum nur implizit vorhanden sind (vgl. Einleitung zum Chalcedonense).

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